Donnerstag, 25. August 2011

It ain't easy....

.... als arbeitende Mutter.

Entschuldigt bitte meinen harschen Tonfall, aber ich bin sowas von angekotzt.

Wie einige von euch wissen werden, habe ich meinen Job mit relativ kinderfreundlichen Job mit immer gleichen Arbeitszeiten und freien Wochenenden gegen einen Floristenjob mit Schichtdienst "eingetauscht". Freie Wochenenden sind der pure Luxus. Freie Feiertage auch.

Ich fange entweder früh an und höre halbwegs früh auf oder fange spät an und darf erst spät wieder gehen. So spät, dass der Kleine schon lang im Bett liegt, wenn ich komme. Und ich danach auch gleich wieder ins Bett darf - denn ich muss ja morgens relativ früh raus. Ich seh den Kleinen zum Frühstück und bringe ihn in den Kindergarten. Mein Mann holt ihn dann ab und verbringt den Tag mit ihm. Mir fällt es nicht leicht, Mann und Kinder so selten zu sehen. Ich merke, wie es mir an die Substanz geht. Mein Trost ist, dass er tagsüber gut und liebevoll versorgt wird.

UND WAS KOMMT??? Ja, was kommt, lieber Leser?

Jedes Mal, wenn ich von meiner Arbeit rede, kommt unvermeidlich ein: "Und die Kindääääääär?"

Ja, genau. Es mag vielleicht nett gemeint sein und alles. Aber wenn man es zum hundertsten Mal hört, platzt einem der Kragen. Ehrlich. Ich mein, was denken sich die Leute??? Dass ich alte Rabenmutter den Kleinen einsperre bei Wasser und Brot? Dass er sich die Augen in einem einsamen, dunklen Zimmer ausheulen muss, bis Mama wiederkommt?

Vielleicht denkt auch einfach mal jemand daran, dass es für Mütter wie mich auch kein Zuckerschlecken ist und dass diese Fragerei einfach wehtut und das eh schon schlechte Gewissen noch größer wird? Ich würde auch lieber den Kleinen mit einem Küsschen ins Bett stecken anstatt den x-ten Kunden irgendwann um kurz nach acht zu fragen: "Wollen Sie es eingepackt haben? Frischhaltemittel liegt bei..."Ich kann mir weder Zeit noch Geld aus den Rippen schneiden. Sollte dies jemandem gelingen, möge er mir bitte mitteilen, wie das geht. Zweiteilen würde notfalls auch reichen.

Ich mein, ich will keine Lobgesänge oder so hören. Ich möchte einfach nur, dass die Leute wissen, dass es mir wichtig ist, mein Brot selbst zu verdienen. Egal, wie schwer es manchmal ist.
Klar, ich könnte es mir einfach machen und zum Amt gehen. Ich könnte auch meinen Mann allein arbeiten lassen. Dann hätte ich alle Zeit der Welt. Toll. Das ist aber für mich alles keine Alternative. Ich möchte, dass wir unabhängig sind und nicht am Existenzminimum leben (Kinder kosten nun mal). Uns auch mal was leisten können. Eine Zukunft aufbauen. Und ich brauche die Arbeit einfach.

Nichtsdestotrotz liebe ich meine Kinder über alles. Die wenige Zeit mit ihnen ist mir umso wertvoller.

Ich glaube, der nächste, der mich fragt, kriegt die Frage dorthin gesteckt, wo die Sonne nicht scheint. Trocken und bis zum Anschlag. Mit einer Tüte Blumenfrisch, selbstverständlich :)

Völlig angefressene Grüße,

Urs

Montag, 22. August 2011

Ein heißes Eisen - das Patriarchat

Lieber Leser!

Lang lang hab ich mich um das Thema gedrückt, x mal angesetzt und alles wieder verworfen. Es ist einfach ein wirklich schweres Thema. Eine kurze Diskussion hat mir einen Schubs gegeben, und jetzt versuche ichs einfach mal.

Wir reden über Sinn und Unsinn des Patriarchats - guti? ^^

Lasst uns am Anfang erstmal sehen, was Wikipedia dazu sagt:

"Als Patriarchat, auch Androkratie genannt, wird eine Herrschaftsform bezeichnet, die durch die Vorherrschaft von Männern über Familien, Sippen, Gemeinden, Diözesen oder Völker gekennzeichnet ist."

Weiterhin Kennzeichen des Patriarchats:

" * Patrilinearität (Verwandtschaft entsteht durch die Stammbaumlinie des Vaters, wie auch Erbfolge und Namensgebung (Patronymie))
* Patrilokalität (Wohnsitz junger Ehepaare beim Vater des Mannes bzw. der Herkunftsfamilie des Mannes; Gegensatz: Matrilokalität) und Virilokalität (Wohnsitz der Ehefrau beim Ehemann; Gegensatz: Uxorilokalität)
* Androzentrismus (gesellschaftliche Fixierung auf den Mann, dessen Geschlechtszugehörigkeit eine geschlechtsgebundene Machtposition legitimieren soll und der entsprechende Rollenerwartungen zu erfüllen hat)
* Gottesbilder: zahlreiche Pantheonvorstellungen mit einer dominierenden männlichen Gottheit, in Juden- und Christentum ein transzendenter Gottvater
* Kontrolle über weibliche Sexualität zur Sicherstellung der gesellschaftlich bedeutsamen Abstammung des Kindes von einem Mann"

Quelle auch hier: Wikipedia

Bevor ich jetzt hier alles auseinanderklamüsere, noch etwas in persönlicher Sache: Ich bin froh, dass beide Geschlechter zumindest theoretisch gleichberechtigt sind, obwohl es noch viele Baustellen gibt. Ein bestimmtes Geschlecht zu haben, macht einen weder besser oder schlechter. Die persönlichen und individuellen Fähigkeiten sind es, die einen Menschen ausmachen. Jede/r sollte das tun (dürfen), was seinen Vorlieben und Neigungen entspricht. Punkt.

Patriarchat war für mich früher eine zweischneidige Sache. Zum Einen habe ich selbst schon in einem Patriarchat at its worst gelebt. Die Frau hat zu tun, was der Mann verlangt. Ohne Wenn und Aber und sei es noch so hirnrissig. Sie hat den Rand zu halten und jeglichen Wünschen des Mannes Folge zu leisten. Sie ist sein Stolz und hat diesen in der Öffentlichkeit zu wahren. Das heißt: Schnauze halten, lächeln, gut aussehen. Aber nicht zu viel. Der Mann hingegen hat nicht viel zu tun. Reicht es nicht, wenn er sich in seinem Ruhm sonnt und "männlichen" Freuden nachgeht? Das allein ist schon sehr anstrengend und so wundert es nicht, wenn seine mindere Hälfte ab und zu mal kräftig eine gelangt bekommt. Auch ohne ersichtlichen Anlass. Er muss nicht wissen, warum. Sie wirds schon wissen.
Sowas ist für mich übrigens Pseudopatriarchat. Eindeutig nur dafür gedacht, Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren.

Zum anderen war ich selbst auch schon Patriarch. Wer jetzt plärrt "OMGs, wie blöd ist dieee denn? Das geht doch gar nicht" - dem sei gesagt, ich hab den Begriff bewusst so gewählt. Oft bin ich als Feministin verschrien worden, weil ich der Meinung bin, Frauen können die meisten Dinge ebenso gut wie Männer und das auch vehement verteidige. Nein, ich bin keine Feministin. Ich bin eigentlich sogar relativ misogyn. Ich kenne und mag viele patente Frauen, ich glaube nur, mit mir haben sich die Götter einen Scherz erlaubt indem sie mir ein Doppel-X verpasst haben. Ernsthaft. Aber ich hab mich arrangiert und man hat mich durchaus auch schon entnervt "Määäänner" sagen hören.

Aber ich schweife ab, richtig? Um es kurz zu machen und ohne dreckige Wäsche waschen zu wollen: Einer muss das Familienoberhaupt sein. Und das war ich, viele Jahre lang. Wie gesagt, alles eine Sache der Fähigkeiten. Wenn der Eine nicht fähig dazu ist, übernimmt es der Andere and that's it. Ich hoffe, ihr versteht was ich meine. Auf Dauer war das allerdings auch nix für mich. Nee, ehrlich. Tausend Dinge in Personalunion ist etwas viel für ein Paar Schultern.

Kurz bevor ich mit meinem Mann zusammenkam, schrieb ich irgendwo: "Der Mann, der mir das Wasser reichen kann, muss erst noch gebacken werden." Ich war der festen Überzeugung, dass kein Mann der Welt respektabel genug sei, um mir in irgendeiner Form etwas sagen zu können. Aber unverhofft, kommt oft, gell? ^^

Und Respekt, das ist der Punkt überhaupt. Eine schwierige Sache und fast schon wieder ein eigenes Thema wert.

To keep a long story short: Ich bringe meinem Mann unendlich viel Respekt entgegen. Für seine Arbeit, seine Fürsorge, für seine liebevolle Art mit den Kindern umzugehen, für all sein Engagement, für seine Art, mit unserem Glauben umzugehen, für seine Werte und noch viel, viel mehr.

Wir sind beide tragende Säulen. Wir arbeiten zusammen, nicht gegeneinander. Er ist mein Schild, ich bin sein Schwert.

Und ja, er ist der Mann, das Oberhaupt. Ich höre auf ihn. Ich bring ihm sein Feierabendbier, notfalls auch seine Latschen ans Sofa und kraul ihm den Kopf, egal, ob ich auch müde bin oder nicht. Das ist erniedrigend sagst du?

Nein, ist es nicht. Ich bin stolz drauf. Denn weißt du, lieber Leser, ich tue es nicht nur, weil er der Mann im Hause ist. Wie gesagt, das allein berechtigt zu gar nix - zumal ich meine Brötchen auch selbst verdiene. Ich tue es noch nicht mal nur deswegen, weil ich ihn unglaublich liebe. Nein. Ich tue es auch in Würdigung seiner Aufgabe als Familienoberhaupt, die er wirklich bravourös meistert. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie anstrengend das ist. Und natürlich freu ich mich, wenn er sich freut. BTW - ich werde natürlich auch für das, was ich tue, respektiert und honoriert. Es ist bei Weitem keine einseitige Geschichte.

Ich kann auf ihn hören und ihm das letzte Wort lassen, weil ich er niemals etwas entscheiden würde, ohne mich vorher gefragt zu haben. Und ich weiß, er entscheidet immer im Sinne der Familie.

Beim Essen sitzt er am gar wichtigen Tischende. Er bekommt zuerst seinen Teller, beginnt und beendet die Mahlzeit und achtet darauf, dass die Tischregeln eingehalten werden. Immerhin kocht er ja auch. Er würde es weiterhin nie versäumen, danke zu sagen. Ob nun fürs Tischdecken oder andere Kleinigkeiten. Wer Kinder hat, weiß, wie schwer das mit den Tischregeln manchmal ist. Und last but not least - er schafft es auf einzigartige Art und Weise, eine ganz entspannte, liebevolle Atmosphäre an den Essentisch zu bringen. Fragt nicht wie, aber es ist so. Ich überlass ihm das gern :)

Ich kann zulassen, dass er sich vor mich stellt. Klingt blöd, aber konnte ich vorher nicht. Ich habe meine Angelegenheiten immer alleine geklärt und meine Familie allein beschützt. Diese Art von Ritterlichkeit habe ich eigentlich immer gehasst und mich bevormundet gefühlt. Mittlerweile fühlt es sich gut an, denn manche Situationen kann er einfach besser klären, weil er länger ruhig bleiben kann als ich. Und ich weiß, er lässt es zu, dass ich mich notfalls einmische. Wir kämpfen in ein und demselben Schildwall, sagt er.

Ich bin sein Stolz und muss mich natürlich auch vor Anderen entsprechend verhalten. Gilt für ihn allerdings genauso ;)
Niemals würde er mich in Sachen Kleidung oder Kodderschnauze reglementieren. Er besteht darauf, dass ich ich bleibe. Und das ist auch gut so.

Patrilinear sind wir übrigens auch. Ich werde zu gegebener Zeit seinen Namen annehmen (hab ja zwei Jungs, die meinen alten hoffentlich weitergeben werden). Namen für zukünftige Kinder (so die Götter wollen) entscheiden wir zusammen. Dabei bin ich übrigens diejenige, die sich nur Jungs wünscht - Stammhalter eben :)

Dass wir beide männliche Fulltruis haben, ist wohl eher Zufall - oder auch nicht, wer weiß :D

Am Allerwichtigsten: Mein Mann ist nicht nur mein Mann, Sippenoberhaupt und "Außenminister", nein, er ist auch mein bester Freund. Er verdient sich seine Position jeden Tag aufs Neue.

Und das ist, was ich meine, wenn ich sage: "Patriarchat kann funktionieren, wenn es gut gemacht ist."

Wenn es auf Liebe, Respekt und Fürsorge gründet, dann kann es funktionieren, ohne dass jemand dabei unglücklich wird. Ich persönlich fühle mich noch geliebter und in meiner Rolle respektierter als damals, wo ich noch das Sagen hatte. Ich fühle mich kein bisschen unterdrückt und bin immer noch die selbe großmäulige Zimtzicke wie vorher. Warum auch nicht?

Patriarchat auf der Basis wie es leider viel zu oft vorkommt, nämlich Unterdrückung, ist dagegen eine abscheuliche Angelegenheit.

MEIN Patriarchat im Kleinen funktioniert blendend. Es ist ergo nicht immer nur - Verzeihung - scheiße.

Das ist meine Meinung zum Thema. Ihr seid herzlich eingeladen, mir eure Meinung und notfalls auch eure Buhrufe unten dran zu kleben.

Liebe Grüße,

Urs

Dienstag, 12. Juli 2011

Nachtrag... Verschwörung, die Vierte

So, schneller als erwartet, kann ich nun mit einem Nachtrag dienen :D

Mein Mann hat nämlich unsere freundliche Mitbewohnerin im Hausflur abgefangen und sie auf ihr unmögliches Verhalten angesprochen.

Tatsächlich schien die gute Dame nicht im geringsten schuldbewusst zu sein. Halb elf, das sei doch nicht nachts - zumindest nicht für sie. Der Geruch, so erklärte sie dem besten Mann von allen, käme nachts um zehn immer aus den Fensterbrettern (sic!) und röche so grässlich wie Lindenblüten (zuletzt war es sowas Flieder und davor flüssige Butter). An besagtem Abend war es sogar dermaßen unerträglich, dass ihr Hund - dem Erstickungstod nahe - zum Tierarzt musste. Lakonischer Kommentar meines Mannes: "Ja, genau. Wenn mein Hund zum Tierarzt muss, klingel ich erstmal unten und fange Streit an..." Auf die Frage, warum sich angesichts unseres Gestanks nicht auch andere Mieter beschweren, wusste sie ebenfalls keine Antwort.

Desweiteren war er so freundlich, ihr das Handy zu geben, damit sie die Polizei rufen könne und bot ihr sogar an, zu uns in die Wohnung zu kommen um probezuriechen. Beides lehnte sie ab. Ja ups. Er riet ihr dann, im Zweifelsfall öfters mal den eigenen Abfluss zu putzen, woraufhin Tantchen sehr ungehalten wurde. Er fühle sich jetzt wohl sehr stark.

Diesen Teil des Gesprächs habe ich nur hinter der Tür mitbekommen. Jetzt zog ich mir die Schuhe an und schlenderte gemütlich-beiläufig die Treppe runter. Ja, ich bin fürchterlich neugierig. Und ja, es ist gemein, weil mir eigentlich klar ist, dass sie Angst vor mir hat. Und ja, manchmal braucht die Königin von NeoSaxonia auch ihren großen Auftritt ^^. Ich ging also zum besten Mann von allen und stellte mich hinter ihn.

Oh ja. Und das wirkte. Die gute Frau machte Augen wie Untertassen und wurde plötzlich ganz nervös. Ich erinnerte sie daran, wie sehr sie sich damals auf meinen Ex als Quelle allen Unbills eingeschossen hatte und fragte sie, warum sie nach seinem Auszug immer noch nicht mit ihren Verdächtigungen aufhöre. Ouh. Da wurde sie hysterisch, schnappte ein paarmal nach Luft und brachte dann ein: "SIIIIIIIEH... Siee sind für mich sowieso... indiskutabel!!!" hervor. Beeindruckend. Mehr kam auch nicht, denn dann drehte sie sich abrupt um und wandte sich ihrem Briefkasten zu und verteilte dessen Inhalt in ihrer Hektik auf dem ganzen Boden.

Mein Mann und ich gingen wieder hoch und mussten doch etwas lachen. Er fragte mich, was ich ihr getan hätte, dass sie vor mir so viel Angst hat. Die Wahrheit ist: nix. Ich lass mir nur nicht alles bieten. BTW, ich glaube nur langsam wirklich, dass sie mich für eine Hexe hält. Erst ihre Mutmaßungen über meine Religion, dann dieses wirklich panische Gehabe, wenn sie mich sieht. Komisch, all das. Ich find ja sowas eigentlich nicht witzig, zumal es nicht mal der Wahrheit entspricht... aber wenns unserem Hausfrieden dient, habe ich kein Problem mit diesem Image.

Vielleicht trifft man mich im Treppenhaus jetzt öfter mit einem Odin-Chant auf den Lippen :D

Freitag, 8. Juli 2011

Die große Schnupper-Verschwörung III

Liebe Leser!

Ganz ehrlich, nach der Sache mit dem Anwalt hätte ich nie gedacht, euch noch eine Fortsetzung der Story liefern zu können. Aber manche Dinge ändern sich vermutlich nie.

Ich hätte es eigentlich schon ahnen müssen, als mein Ex mich anrief und vorwarnte. Sie hatte ihn auf der Straße abgefangen und sich wieder über die gar mannigfaltigen Gerüche aus unserer Wohnung beschwert. Da er ihr mitteilte, dass er ausgezogen sei, hegte ich die wahnwitzige Hoffnung, sie würde uns nicht weiter belästigen. Denn, wir erinnern uns: Er als bööööser schwarzgekleideter Mensch sorgte selbstverständlich mit seinem okkulten Räucherkram für diese unsägliche Pestilenz. Aber da hatte ich falsch gedacht.

Eines abends klingelte es tatsächlich bei uns. Es war halb elf und wir schon lange eingeschlafen, da wir um vier wieder aus den Federn müssen. Mal ganz abgesehen vom Kind, das sich aber zum Glück (für sie) nicht beim Schlafen stören ließ.

Etwas verplant und in Schlafkleidung öffneten wir also die Tür. Der beste Mann von allen trat vor und fragte nach dem Grund des späten Besuchs. Man hörte nur eine vergnatzte Stimme "Ich wohne über Ihnen und ärgere mich seit geraumer Zeit über diverse Gerüche..." Der beste Mann von allen reagierte recht ungehalten, nicht zuletzt, da er die Geschichte von uns schon kannte. Er fragte, ob sie sich eventuell vorstellen könne, dass Leute um diese Uhrzeit schon schlafen. Dann platzte mir der Kragen. Ich teilte ihr recht lautstark mit, dass sie sich mit Problemen wie diesen bitte an unseren Anwalt wenden solle und sie kein Recht habe, uns dermaßen zu belästigen. Sie wetterte dagegen und redete mal wieder etwas von der Polizei, die sie nun holen wolle.

Dem besten Mann der Welt hatte genug von dem Spielchen. Er bat mich zur Ruhe und teilte ihr mit, dass sie entweder die Polizei holen solle oder uns nicht weiter belästigen. Dann schloss er die Tür und überließ die Dame ihrem eigenen Gemecker. Dass die versprochene Polizei mal wieder nicht kam und die Nacht für uns gelaufen war, brauche ich nicht extra zu erwähnen, oder?

Die nette Dame von oben hat jetzt einen weiteren Fan gewonnen. Mein Mann nimmt es allerdings nicht mit einem Lächeln, sondern fühlt sich persönlich angegriffen, da er sich für unsere Halle verantwortlich fühlt und keine Nachrede dieser Art dulden will. Haha, ich bin übrigens mal gespannt, ob der Sohn der Dame sich angesichts meines Mannes nochmal zu seinen Mafia-Methoden hinreißen lässt. Der beste Mann von allen hat auch kein Problem damit, beim nächsten Vorfall selbst die Polizei zu holen.. und das Gesicht der Dame möchte ich dann gern mal sehen ^^

Ich sollte mir für die Zukunft schon mal nen Klappstuhl und Popcorn bereitstellen. Es kann spannend werden, wenn es wieder heißt: "Schnupper-Verschwörung, Klappe die 4."

Amüsierte Grüße,

Urs

Dienstag, 7. Juni 2011

Lieber Chef....

... oder was bei der Urs zwischendurch so los war...

(man stelle sich diesen offenen Brief bitte im netten Tonfall mit einem leichten Lächeln vor)


Lieber Chef!


Ende letzten Jahres durfte ich bei dir ein Praktikum machen. Es war wirklich nicht leicht, mich wieder in den alten Beruf einzuarbeiten. Schon zu Anfang war klar, dass wir nicht die besten Freunde werden. Aber das war okay. Und ich hab mich durchgebissen. Hart gearbeitet, viele Überstunden gemacht. Teilweise so viele, dass Familie und Freunde darunter gelitten haben. Auch das war okay, das gehört manchmal einfach dazu. Wir sind öfters mal aneinandergekracht, du wurdest laut. Ich weiß, du bist Choleriker. Du hast dich immerhin manchmal entschuldigt. Auch das war okay. Ich hab mich irgendwann dran gewöhnt. Zum Jahresende hast du mich dann übernommen. Eigentlich ein Grund zum Freuen.

Um die Feiertage hast du meine Vorgesetzte entlassen, weil sie zu oft krank war. Ich hab ganz selbstverständlich ihre Rolle übernommen, weil es Not tat. Noch mehr Überstunden gekloppt, weil es wichtig war. Krank auf der Arbeit erschienen, wie auch der Rest. Ich wollte, dass die Firma vorankommt. Du sagtest, es wäre jetzt etwas blöd für mich, weil ich in Vorleistung gehen müsste. Bei gleicher Bezahlung mehr arbeiten. Das ist okay, das macht man gerne. Du schienst auch soweit zufrieden. Wie schön.

Im neuen Jahr änderte sich einiges. Du hast viele neue Praktikanten eingestellt, deren Vorgesetzte ich nun war. Ich durfte ihnen helfen, ihre Arbeit kontrollieren und ihre Fehler verbessern. Dazu noch Telefondienst. Das war wirklich viel und ich wusste teilweise echt nicht, wie ich mit der Arbeit zurande kommen sollte. Alles musste schnell gehen - und wer schnell arbeitet, macht sicherlich auch mehr Fehler. Du wurdest zunehmend unzufrieden. Das Kind wurde öfters krank und Überstunden konnte ich auch nicht mehr so leicht machen. Ich hab dir auch erklärt, warum. Ich durfte mir anhören "Wir sind keine soziale Einrichtung". Mag sein, aber was soll ich mit dem Kind tun? Wir haben sonst keinen. Du hast zweimal verschlafen, sagst du. Richtig. Du erwähnst aber auch nicht, dass ich die Zeit jedes Mal nachgearbeitet habe und es dann nicht mehr vorgekommen ist. Du kommst alle naslang zu spät, sagtest du. Auch das ist so nicht richtig. Ich kam immer vor der vertraglich geregelten Zeit. Dass dir das aber zu knapp ist, das sagtest du mir erst recht spät. Also kam ich von da an noch früher. Deine Mutter kontrollierte mich da "dankenswerterweise" immer sehr genau. Lob habe ich in dieser Zeit von dir selten bekommen. Nur die Kollegen haben gemerkt, was ich eigentlich leiste und haben das auch honoriert. Gespräche unter uns endeten meist damit, dass du mir irgendwelche Unzulänglichkeiten vorwarfst. Ich kam mir irgendwann vor, als wäre all meine Arbeit nur ein dampfender Haufen Unflat. Klar mache ich Fehler, die macht jeder. Du nicht? Ich habe deine dauernde Unzufriedenheit gehasst und dass du mich so oft angeschrien hast. Entschuldigungen waren scheinbar auch nicht mehr vonnöten. Ich bin von da an nicht mehr mit dir ins Gespräch gegangen und hab auch meinen immensen privaten Stress für mich behalten.

Bis letzte Woche, letzter Tag der Probezeit. Da sagtest du: wir trennen uns von dir. Super. Mir wäre fast die Kinnlade runtergefallen. Die Gründe dafür klangen mir irgendwie etwas... aber gut, ich will dir nix unterstellen. Ich war bei Facebook online. Ja. So wie die anderen Kollegen, aber das habe ich dir nicht gesagt. Du wusstest es und hast bis zu diesem Tag nix gesagt. Wie so oft. Ich wäre unmotiviert ("Du hast lang keine Überstunden mehr gemacht"). Komisch, das siehst nur du so - hier unterstelle ich dir aber, dass du es nicht anders sehen möchtest. Auch dein Punkt, dass ich dir nicht zuhöre. Das tue ich und jeder weiß es - außer dir. Wir sprechen nicht die gleiche Sprache und es wäre zu anstrengend für dich, meine zu lernen. Ja, wir scheinen wirklich unterschiedliches Deutsch zu reden. Oder ich manchmal wirrisch. Ich ging allerdings davon aus, dass meine Arbeitsleistung dich darüber hinwegsehen lässt. Scheinbar nicht. Ich nehme die Firma nicht ernst. Ah ja. Natürlich ist es so, dass ich nach Feierabend gern die Arbeit aus meinem Kopf streiche - ist doch irgendwie normal? Ich stehe um 4 auf und gehe um 9 ins Bett. Ich habe Familie. Ich weiß ja nicht wie du es machst, aber wenn das für dich wirklich ein Grund ist, dann schuldig im Sinne der Anklage. Das Kind war krank. Right. Öfters sogar. Ich hab mich dafür auch mehrfach entschuldigt und dir erklärt, warum ich zuhause bleiben muss. Anfangs sagtest du mir "wir haben gute Erfahrungen mit jungen Müttern gemacht" - Ich frage mich, was das für Mütter sind, deren Kinder nicht krank werden. So eine haben wir nämlich auf der Arbeit nicht.

Komischerweise sehen die Kollegen das alle ganz anders und sind entsetzt. Klar, ich hab die meiste Erfahrung in dem Bereich, kann alte Schrift lesen und mein Freakwissen anbringen. Bestimmt haben sie auch Angst, dass sie die Arbeit nicht schaffen und die nächsten auf der Liste sind. Sicher nicht ganz unbegründet.

Wie auch immer, du bist der Chef, du hast Recht. Ich kann sagen, was ich will und es braucht dich nicht zu interessieren. Probezeit halt. Ich kann aber partout nicht ertragen, dass du meine Person und meine Arbeitsleistung so schlecht machst.

Ganz unter uns: ich sehe dich irgendwann allein im Büro sitzen. Jeder, dem ich von dir erzählt habe, hat gesagt: mach das nicht mehr mit. Kündige. Ich wollte es eigentlich nicht. Danke, dass du mir die Entscheidung abgenommen hast.

MfG, Urs

P.S.: Lieber Leser. Ich möchte an dieser Stelle mein absolutes Entsetzen darüber zum Ausdruck bringen, was der Arbeitsmarkt manchmal für eine rechtlose Zone ist. Gerade für junge Mütter ist das doch desaströs. Ihr wollt, dass wir Kinder bekommen - schert euch aber einen feuchten Kehricht darum, ob wir Arbeitsplätze bekommen oder behalten. Das ist nämlich als Elternteil gar nicht so leicht. Wundert sich da noch jemand über die wirtschaftliche Lage? Ich nicht.

Ich wünsche allen, die sich momentan umorientieren oder neu bewerben einen guten Neustart, viel Erfolg und einen nette(ren) Chef!